Im Automobilbau werden bereits naturfaserverstärkte Kunststoffe eingesetzt, allerdings zumeist mit einer auf Rohöl basierenden Kunststoffmatrix. Dies ermöglicht zwar Leichtbau, gleichzeitig besteht aber noch Optimierungspotential hinsichtlich der Ressourcennutzung und der Kreislaufführung. Im deutsch-brasilianischen Projekt BestBioPLA werden daher neue Kunststoffe entwickelt, welche gute mechanische und chemische Beständigkeit während des Produktlebens mit biologischer Abbaubarkeit als Option für das Ende des Produktlebens kombinieren. Dabei soll in der Polymerentwicklung der biobasierte Anteil möglichst hoch sein.
Ökologische Bewertung neuer Kunststoffe muss ganzheitlich sein
Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe allein macht noch keinen nachhaltigen Werkstoff aus: ein solcher muss sich ganzheitlich betrachtet positiv im Vergleich zu bereits existierenden Werkstoffen in der Ökobilanz auswirken. In diese Betrachtungen fließen neben den Ausgangsstoffen auch die Energieströme während der Polymersynthese und der Fertigung der faserverstärkten Kunststoffe mit ein. Auch die Nutzungsphase, zum Beispiel über mehrere Jahre im Automobilinnenraum, wird mit betrachtet. Damit ein neuentwickelter Werkstoff eine Chance hat, sich am Markt durchzusetzen, wird auch die Wirtschaftlichkeit der Prozesse betrachtet. Diese Bewertungsprozesse begleiten die Materialentwicklung und die dafür gestalteten Fertigungskonzepte grundlegend, um früh entsprechende „Hot-Spots“ identifizieren zu können.
Neues Polymer mit regional verfügbaren Naturfasern kombinierbar
Am Fraunhofer IFAM wurde ein neuartiges vernetztes Polymersystem auf Basis von Polymilchsäure (Polylactic acid, PLA) entwickelt. Dieses Grundgerüst wird nun weiter optimiert, so dass sich Härtungsbedingungen und Temperaturbeständigkeit des Werkstoffs anpassen lassen. Zusätzlich werden Fertigungskonzepte entwickelt, wie sich der neue Kunststoff mit Naturfasern kombinieren und mit industrienahen Fertigungsprozessen, wie beispielsweise Pressverfahren, effektiv zu hochwertigen Faserverbundbauteilen verarbeiten lässt. Bei der Fertigung und Validierung der Systeme unterstützt der Projektpartner INVENT GmbH in Braunschweig. Sobald die Prozesse mit den in Europa heimischen Flachsfasern etabliert sind, sollen diese auf Sisalfasern aus Brasilianischem Anbau übertragen werden. Ziel ist es, dass sich die Werkstoffe aus regionalen Ressourcen herstellen und so aufwendige Transportwege vermeiden lassen.
Zurück in den Kreislauf
Gleichzeitig besteht ein enger Austausch mit den Projektpartnern in Brasilien, welche betrachten, inwiefern und unter welchen Bedingungen die Werkstoffe biologische Abbaubarkeit aufweisen. Dafür werden standardisierte Polymer- und Faserverbundproben unter definierten Bedingungen in Erde ausgelagert und in regelmäßigen Abständen überprüft, inwiefern sie sich verändert haben. Je nach Beständigkeit der Proben können Mikroorganismen den Abbau und die Zersetzung des Werkstoffs realisieren. Hierfür wurden bereits unterschiedliche Proben – mit und ohne Faserverstärkung – nach Brasilien geschickt und dort ausgelagert.
Das Projekt „BestBioPLA - Spagat zwischen Beständigkeit und Biodegradierbarkeit – vollständig bio-basierte PLA-Verbundwerkstoffe mit Langzeitbeständigkeit“ (FKZ: 033R209A) wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in der Fördermaßnahme „CLIENT II – Internationale Partnerschaften für nachhaltige Innovationen“ im Rahmenprogramm „Forschung für Nachhaltige Entwicklung (FONA3)“.