Sie sind leicht, steif und bruchfest und lassen sich als Leichtbauwerkstoff von der Windenergie bis zur Raumfahrt einsetzen – Faserverbundkunststoffe (FVK). Einmal in Form gebracht, ist – abhängig vom eingesetzten Kunststoff – eine weitere Formgebung und die Rückführung in den Werkstoffkreislauf nicht mehr möglich. Im Projekt DuroCycleFVK entwickeln Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IFAM neuartige Polymere für FVK, die die gewünschten Eigenschaften der Thermoplaste und Duromere in sich vereinen und neue und energieeffizientere Fertigungs-, Formgebungs- und Recyclingverfahren von FVK ermöglichen.
Im Vergleich zu anderen Polymerklassen zeichnen sich Duromere durch besonders gute mechanische Eigenschaften und chemische Beständigkeit aus. Diese resultieren aus ihrer dreidimensional vernetzten Molekülstruktur. Der außerordentlich widerstandsfähige Verbund auf Basis von Duromeren ist plastisch jedoch nicht mehr verformbar. Das limitiert den Einsatz großserienfähiger Fertigungsverfahren und macht eine stoffliche Verwertung ausgedienter FVK- und Duromer-basierter Bauteile im Allgemeinen derzeit nahezu unmöglich. Dementsprechend erfolgt die Verarbeitung und Verwendung von Duromer-basierten Materialien ausschließlich linear, d. h. die Materialien werden nach ihrer Nutzungsdauer deponiert oder verbrannt. Gleichzeitig sieht sich unsere Gesellschaft im „Plastikzeitalter“ mit Problemen der Umweltverschmutzung durch Kunststoffe (insbesondere der Weltmeere) sowie deren Rückstände (Mikro- und Nanopartikel) und mit Ressourcenknappheit konfrontiert. Das heißt ökonomische, aber auch ökologische Verfahren bei der Herstellung Kunststoff-basierter Werkstoffe und deren Verwertung werden immer bedeutender. Gleichzeitig existiert eine Bandbreite an Ansprüchen an die Materialien, die teils widersprüchlich sind: Beständigkeit im Dauereinsatz und hohe Funktionalität versus kostengünstige Fertigung und nachhaltige Verwertung. Dieser Spagat lässt sich nur durch neue chemische Ansätze in der Materialchemie bewältigen.
Das Beste aus beiden Welten: beständig wie ein Duromer und dennoch umformbar wie ein Thermoplast
Im Rahmen des Projektes DuroCycleFVK untersuchen Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IFAM dreidimensional vernetzte FVK, die sich in einem bestimmten Temperaturbereich formen lassen. Sie nutzen dabei aus, dass solche augenscheinlich unvereinbaren Werkstoffeigenschaften mit Hilfe phasenseparierter Duromere als Matrix eingestellt werden können. Denn diese Art der Polymere zeichnet sich durch ein kovalentes amorphes Netzwerk als formgebende und eine teilkristalline und damit thermisch formbare Phase aus. Über die Anteile der Weich- und Hartsegmente, die Auswahl der Ausgangsmaterialien und Reaktionsführung lassen sich dann die Materialeigenschaften dieser thermo-responsiven FVK steuern.
Die ersten, neu entwickelten Polymere konnten bereits erfolgreich zum Faserverbundbauteil verarbeitet werden. Die Erstellung eines Demonstrators beim Projektpartner INVENT GmbH in Braunschweig hat die Übertragbarkeit der Prozesse ins industrielle Umfeld aufgezeigt.
Zu den Vorteilen der Technologie zählen u. a., dass sich Bauteile vorkonfektioniert herstellen lassen und eine individuelle Formanpassung nachträglich möglich ist. Dies kann zu einer deutlichen Verringerung von Ausschussbauteilen führen.
Neben der Formgebung bringt eine solche Polymerstruktur Formgedächtniseigenschaften mit sich, die in zahlreichen Anwendungen von Interesse sein können. Hierzu zählen zum Beispiel intelligente Lüftungssysteme, bei denen auf eine aufwendige Aktorik verzichtet werden kann. Auch im Bereich der Raumfahrt kann der Platz- und Energiebedarf durch sich selbst entfaltende Strukturen reduziert werden.